StaRUG: Unternehmenssanierung ohne Insolvenz  – 10 Fragen, 10 Antworten

Spätestens seit den StaRUG-Fällen Leonie und Varta ist das StaRUG in aller Munde und hat es knapp drei Jahre nach seinem Inkrafttreten auf die Titelseiten der großen Wirtschaftszeitungen geschafft.

Dennoch sehen wir in unserer täglichen Beratungspraxis, dass das neue Sanierungsrecht im Detail mit seinen Vorteilen und Wirkungen gerade bei betroffenen Geschäftsleitern, Unternehmern und deren Beratern weitgehend unbekannt ist. Dieser Beitrag versucht, diese Wissenslücke zu schließen und beantwortet 10 häufige Fragen.

1. Was ist das StaRUG und welchem Zweck dient es?

Das StaRUG ist ein Gesetz, das es Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten ermöglicht, vor einer drohenden Insolvenz ein Sanierungskonzept zu entwickeln und umzusetzen. Ziel ist es, die drohende Insolvenz durch eine frühzeitige und geordnete Restrukturierung abzuwenden. Es ermöglicht damit eine Unternehmenssanierung außerhalb der Insolvenz. „Herzstück“ des StaRUG-Verfahrens ist der Restrukturierungsplan des Unternehmens.

2. Wer kann das StaRUG für eine Unternehmenssanierung ohne Insolvenz in Anspruch nehmen?

Das StaRUG kann von allen Unternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform in Anspruch genommen werden, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind. Damit können auch natürliche Personen, die unternehmerisch tätig sind, das StaRUG-Verfahren nutzen und so eine Privatinsolvenz abwenden. Droht einem unternehmerisch tätigen Gesellschafter beispielsweise eine Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft, kann das StaRUG Verfahren das geeignete Sanierungsinstrument sein. Allerdings darf das betroffene Unternehmen weder zahlungsunfähig noch überschuldet sein. Stattdessen muss die sogenannte drohende Zahlungsunfähigkeit mit großer Wahrscheinlichkeit im Rahmen einer Liquiditätsplanung innerhalb der nächsten 24 Monate mit hoher Wahrscheinlichkeit eintreten. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn das Unternehmen mit Produkthaftungsansprüchen oder sonstigen anhängigen Klagen konfrontiert ist. Auch feste Rückzahlungsansprüche aus Darlehen innerhalb der nächsten 24 Monate können zu einer drohenden Zahlungsunfähigkeit des betroffenen Unternehmens führen. Das Vorliegen der drohenden Zahlungsunfähigkeit stellt die Eingangshürde für das Verfahren dar.

3. Wie läuft das StaRUG-Verfahren ab?

Im Wesentlichen läuft ein StaRUG-Verfahren in sechs Schritten ab:

1. Vorbereitung und Analyse: Identifizierung der Krise und Erstellung eines Sanierungskonzepts

2. Anzeige des Restrukturierungsvorhabens: Offizielle Mitteilung an das zuständige Restrukturierungsgericht

3. Bestellung eines sogenannten Restrukturierungsbeauftragten durch das Restrukturierungsgericht

4. Erstellung und Einreichung des Restrukturierungsplans: Umsetzung der vereinbarten Restrukturierungsmaßnahmen

5. Abstimmung der betroffenen Gläubiger über den Restrukturierungsplan

6. Gerichtliche Bestätigung des Restrukturierungsplans

4. Was sind die Aufgaben des Restrukturierungsbeauftragten?

Ein Restrukturierungsbeauftragter kann vom Gericht bestellt werden, um den Restrukturierungsprozess zu unterstützen und zu überwachen. Er hilft, die Interessen aller Beteiligten zu koordinieren und sorgt für eine ordnungsgemäße Umsetzung des Restrukturierungsplans.

5. Der Restrukturierungsplan ist das Kernelement eines StaRUG-Verfahrens. Welchen Inhalt hat er?

Der Restrukturierungsplan legt die Maßnahmen zur Umstrukturierung von Schulden und zur Stabilisierung der Unternehmensfinanzen fest, einschließlich notwendiger Gläubigerzustimmungen und struktureller Anpassungen. Er kann Eingriffe in die Verbindlichkeiten des Schuldners und in mögliche bestellte Sicherheiten vorsehen. Insbesondere können zum Zwecke der Entschuldung Forderungen der Gläubiger gekürzt, gestundet oder auch mit einem Nachrang versehen werden. Hierbei spielt der Schuldgrund keine Rolle. Es können also auch Forderungen von Banken, sonstigen Finanzgläubigern, öffentlich-rechtlichen Gläubigern oder Forderungen aus Lieferungen und Leistungen einbezogen werden. Anders als beim Insolvenzverfahren müssen nicht alle Gläubiger des Unternehmens einbezogen werden. Das Unternehmen kann vielmehr eine Auswahl treffen und nur bestimmte Gläubigergruppen in den Plan einbinden. Somit können lediglich Bankverbindlichkeiten restrukturiert werden und Forderungen aus Lieferungen und Leistungen können außen vorgelassen werden.

6. Kann der Restrukturierungsplan auch Forderungen von Arbeitnehmern einbeziehen oder Personalmaßnahmen erleichtern?

Nein. Eingriffe in Arbeitnehmerforderungen und Pensionsverbindlichkeiten sind nicht möglich. Es gelten auch nicht die im Insolvenzverfahren geltenden Erleichterungen bei arbeitsrechtlichen Maßnahmen.

7. Wie wird die Zustimmung der Gläubiger zu einem Restrukturierungsplan erreicht?

Die planbetroffenen Gläubiger müssen über den Restrukturierungsplan abstimmen. Hierfür werden sie nach sachgerechten Kriterien in Gruppen unterteilt. Für die gerichtliche Bestätigung müssen in jeder Gruppe mindestens 75 Prozent der Gläubiger dem Plan zustimmen. Ist dies der Fall, sind auch die opponierenden Gläubiger nach gerichtlicher Bestätigung des Plans an ihn gebunden. Wenn nicht alle Gläubigergruppen aber mehr als die Hälfte der Gruppen mit der 75 Prozent Mehrheit dem Plan zugestimmt haben, kann das Gericht trotzdem den Plan bestätigen, wenn dies die bestmögliche Gläubigerbefriedigung darstellt und auch ein Gesellschafterbeitrag vorgesehen ist.

8. Welche Auswirkungen hat das StaRUG auf die Unternehmensführung?

Das StaRUG ermöglicht es der Unternehmensführung, weiterhin die Kontrolle über das Unternehmen zu behalten, während sie gleichzeitig die Verantwortung für die Entwicklung und Umsetzung des Sanierungsplans trägt. Die Geschäftsführung bleibt also handlungsfähig und kann die Sanierung aktiv steuern.
Das StaRUG bietet somit eine strukturierte und rechtlich abgesicherte Möglichkeit, Unternehmen vor der Insolvenz zu bewahren und eine geordnete Sanierung durchzuführen.

9. Was sind die Vorteile einer Unternehmenssanierung nach StaRUG?

Zu den Vorteilen des StaRUG gehören die Möglichkeit einer frühzeitigen Sanierung, der Erhalt des Unternehmens und der Arbeitsplätze, der Schutz vor Zwangsvollstreckungsmaßnahmen während der Sanierung und die flexible Gestaltung der Sanierungsmaßnahmen.

Zudem sind der zeitliche Rahmen des Verfahrens und die entstehenden Kosten überschaubar. So dauert ein StaRUG-Verfahren ab Einleitung erfahrungsgemäß zwischen zwei und drei Monaten. Neben den Beratungskosten für die Erstellung der sogenannten Restrukturierungsanzeige und der Erstellung des Restrukturierungsplans fallen noch Gerichtskosten und die Vergütung für den vom Gericht bestellten sogenannten Restrukturierungsbeauftragten an, der nach einem festen Stundensatz je nach Aufwand vergütet wird.

Die Publizität des eingeleiteten Verfahrens beschränkt sich auf die im Restrukturierungsplan einbezogenen Gläubiger. Somit kann das Unternehmen das Verfahren unter dem Radar der übrigen Geschäftspartner und Lieferanten durchführen kann. Eine negative Außenwirkung kann so vermieden werden.

10. Welche Haftungsrisiken bestehen für das Management?

Die Sanierung eines Unternehmens in der Krise dürfte für jeden Geschäftsführer oder Vorstand die größte Herausforderung darstellen. Neben der Erstellung eines Sanierungskonzepts und den sich daraus ergebenden notwendigen Verhandlungen mit den betroffenen Gläubigern kommen noch erhöhte Haftungsrisiken hinzu.
Allerdings fördert das StaRUG hier aussichtsreiche Sanierungsbemühungen. Nach Einleitung eines StaRUG- Verfahrens muss das Management die Interessen der Gläubigergesamtheit wahren. Die haftungsbewehrte Insolvenzantragspflicht ist zwar ab der Restrukturierungsanzeige ausgesetzt. Dafür besteht eine Anzeigepflicht gegenüber dem Restrukturierungsgericht, wenn im Verlauf des Sanierungsverfahrens die Zahlungsunfähigkeit oder die Überschuldung eintritt. Wenn aber die Sanierungsbemühungen im StaRUG- Verfahren dem Gläubigerinteresse entsprechen, kann das Sanierungsverfahren fortgesetzt werden. Dann sind auch notwendige Zahlungen im Rahmen der Betriebsfortführung im Hinblick auf ein bestehendes Zahlungsverbot privilegiert.

Fazit

Das StaRUG bietet Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten eine wertvolle Alternative zur Insolvenz, indem es ihnen ermöglicht, frühzeitig und geordnet eine Restrukturierung durchzuführen. Durch das klar definierte Verfahren und flexiblen Gestaltungsmöglichkeiten bleibt die Geschäftsleitung handlungsfähig und kann die Sanierung aktiv steuern.

Die Vorteile des StaRUG, wie die schnelle Umsetzung und die Vermeidung negativer Außenwirkungen, machen es zu einem wichtigen Instrument für eine erfolgreiche Unternehmenssanierung. Dennoch erfordert die Anwendung des StaRUG fundierte Kenntnisse und sorgfältige Planung, um die damit verbundenen Chancen optimal zu nutzen und Haftungsrisiken zu minimieren.

Über den Autor

Geschäftsführer, Partner, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht Dr. Jasper Stahlschmidt

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